PCOS
- 12 Minuten
- 05.06.2025
Die folgenden Informationen können ein persönliches Beratungsgespräch nicht ersetzen. Individuelle Beratung bieten Gynäkolog*innen oder Kinderwunschzentren.
PCOS steht für "Polyzystisches Ovarsyndrom". Der Begriff ist etwas irreführend, da die Erkrankung nicht, wie früher gedacht, durch die vielen Eibläschen (Follikel) in den Eierstöcken verursacht wird. Bei diesen Bläschen handelt es sind übrigens nicht um "Zysten".
Das PCOS ist eine der häufigsten Hormonstörungen bei Frauen im gebärfähigen Alter. Alle Patientinnen haben unregelmäßige oder ausbleibende Monatsblutungen. Mögliche weitere Kriterien sind zahlreiche kleine Eibläschen (Follikel) in den Eierstöcken(Ovarien), erhöhte Werte männlicher Hormone (Androgene) und/oder vermehrter Haarwuchs (Hirsutismus), unreine Haut (Akne) bzw. vermehrter Haarausfall (Alopezie). Häufig besteht zusätzlich eine Insulinresistenz, die das Risiko für Typ-2-Diabetes erhöht. Die Behandlung richtet sich nach den Beschwerden und reicht von Lebensstiländerungen bis zu Hormontherapien im Rahmen einer Kinderwunschbehandlung.
Die genauen Ursachen des Polyzystischen Ovarsyndroms (PCOS) sind bis heute nicht vollständig geklärt. Die medizinische Forschung geht davon aus, dass genetische Veranlagungen eine wichtige Rolle spielen, zumal die Erkrankung familiär gehäuft auftritt und mehrere Genvarianten mit ihr in Zusammenhang stehen.2 Auch epigenetische Mechanismen, also Veränderungen in der Genregulation ohne Veränderung der DNA-Sequenz, werden diskutiert. Untersuchungen zeigen beispielsweise, dass Töchter von betroffenen Frauen ein erhöhtes Risiko haben, PCOS zu entwickeln.3 Zusätzlich werden Umweltfaktoren und der Lebensstil, insbesondere Ernährung, Gewicht und körperliche Aktivität, als mögliche Risikofaktoren betrachtet.
Das Polyzystische Ovarsyndrom (PCOS) äußert sich bei den betroffenen Frauen sehr unterschiedlich. Alle Patientinnen weisen das Symptom seltener (Oligomenorrhö) oder ausbleibender Blutungen (Amenorrhö) auf. Von den beiden nachfolgenden Symptomen muss nach den international anerkannten, modifizierten sogenannten Rotterdam-Kriterien mindestens eines vorliegen, damit ein PCOS besteht:
Daran erkennt man, dass eine PCOS-Patientin gar nicht unbedingt das typische Erscheinungsbild der Eierstöcke im Ultraschall aufweisen muss.
Für viele Frauen, die bisher erfolglos versucht haben, schwanger zu werden, kann die Diagnose „Polyzystisches Ovarsyndrom“ ein erster Erklärungsansatz sein. Beim PCOS kommt es zu einer Störung des hormonellen Gleichgewichts, einer Störung der Eizellreifung und unregelmäßigen oder fehlenden Eisprüngen (Ovulation), sodass die grundlegende Voraussetzung für eine Empfängnis gestört ist oder ganz fehlt.
PCOS bedeutet nicht automatisch Unfruchtbarkeit. Viele Frauen mit PCOS können, insbesondere bei gelegentlichen Eisprüngen, auch ohne medizinische Unterstützung schwanger werden. In anderen Fällen reicht eine hormonelle Behandlung zur Stimulation des Eisprungs aus.
Das Polyzystische Ovarsyndrom hat nicht nur Auswirkungen auf den Zyklus und die Fruchtbarkeit, es kann sich auch negativ auf die Lebensqualität und langfristig auf die Gesundheit auswirken. Viele Frauen mit einem PCOS leiden unter einem Übergewicht und einer Insulinresistenz.4 Dadurch steigt unter anderem das Risiko für Typ-2-Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Eine Behandlung kann helfen, den Kinderwunsch zu erfüllen und gesundheitlichen Folgen wie einem Diabetes vorzubeugen.
Besteht kein Kinderwunsch, zielt die Behandlung vor allem darauf ab, den Zyklus zu regulieren und Beschwerden wie Akne, Haarausfall oder verstärkte Körperbehaarung zu lindern. Dazu wird z. B. eine Antibabypille mit antiandrogener Wirkung eingesetzt. Auch das Medikament Metformin kann helfen, vor allem bei Übergewicht und einer Insulinresistenz.
Mit gezielten medikamentösen Behandlungen können die Voraussetzungen für eine Schwangerschaft verbessert werden. Metformin kann vor allem übergewichtigen/adipösen Frauen mit einer Insulinresistenz helfen, das Gewicht zu reduzieren, den Zyklus zu stabilisieren und damit die Fruchtbarkeit zu verbessern. Obwohl Metformin in Deutschland nicht für das PCOS zugelassen ist, erfolgt der weltweite Einsatz des Medikaments bereits seit mehreren Jahren – gestützt auf eine ausreichende Studienlage, die den Nutzen belegt. Es muss im Off-Label-Use rezeptiert werden.5, 6
Vor allem bei normalgewichtigen oder nur leicht übergewichtigen Frauen kann die Eizellreifung durch die Medikamente Letrozol oder Clomifen stimuliert werden. Letrozol ist hinsichtlich der Schwangerschaftsraten wirksamer und wird in den internationalen Empfehlungen darum als erste Wahl der Therapie empfohlen.
Patientinnen mit einem PCOS können auch selbst einiges tun, um ihre Chancen auf eine Schwangerschaft zu verbessern, vor allem durch Veränderungen im Lebensstil, wie eine ausgewogene Ernährung und die Reduktion von Übergewicht.
Bei PCOS und Kinderwunsch ist eine interdisziplinäre Behandlung sinnvoll, die hormonelle Störungen sowie stoffwechselbedingte und lebensstilbezogene Faktoren einbezieht. Eine gute Anlaufstelle sind spezialisierte Kinderwunschzentren, in denen unter anderem Fachärztinnen und Fachärzte für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin zusammenarbeiten. Dort erhalten Betroffene eine umfassende Diagnostik und Beratung über ihre individuellen Behandlungsoptionen.
Das Polyzystische Ovarsyndrom ist bislang nicht heilbar. Trotzdem kann sich durch unterschiedliche Veränderungen wie z. B. eine Senkung des Gewichtes in den Normalbereich bei adipösen Patientinnen die hormonelle Situation im Laufe des Lebens ändern. Mit einer gezielten Behandlung, zum Beispiel durch Medikamente sowie einer gesunden Ernährung und Gewichtsreduktion, lassen sich die Beschwerden meist gut kontrollieren. Eine Stabilisierung des Zyklus kann nicht nur die Lebensqualität deutlich verbessern, sondern in vielen Fällen auch dazu beitragen, dass sich der Kinderwunsch erfüllt.
Frauen mit einem PCOS haben ein erhöhtes Risiko für bestimmte Schwangerschaftskomplikationen. Dazu zählen Frühgeburten, Schwangerschaftsdiabetes (Gestationsdiabetes) und ein schwangerschaftsbedingter Bluthochdruck (Präeklampsie). Eine engmaschige ärztliche Betreuung ist daher besonders wichtig, um mögliche Komplikationen frühzeitig zu erkennen und gezielt behandeln zu können.
Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen die Kosten für die medizinische Abklärung und Behandlung des Polyzystischen Ovarsyndroms. Dazu zählen unter anderem Hormonuntersuchungen, Ultraschall und ggf. medikamentöse Therapien zur Zyklusregulierung. Nicht getragen werden die Kosten für die o. g. Metformin-Therapie (ca. 10 €/Monat) sowie Letrozol (ca. 5-10 € je stimuliertem Zyklus).
Akne und vermehrte Körperbehaarung können Symptome des PCOS sein. Mit einer geeigneten Behandlung, zum Beispiel einer antiandrogenen Antibabypille, kann sich das Hautbild deutlich verbessern. Diese Therapieoption besteht bei Kinderwunsch natürlich nicht. Ohne medizinische Therapie bilden sich die Beschwerden meist nicht zurück. Auch in den Wechseljahren ist eine spontane Besserung nicht garantiert, da hormonelle Ungleichgewichte weiterhin bestehen können. Eine frühzeitige dermatologische und gynäkologische Betreuung sind daher empfehlenswert.
Frauen mit Polyzystischem Ovarsyndrom (PCOS), die übergewichtig oder adipös sind, haben ein deutlich erhöhtes Risiko, ein metabolisches Syndrom zu entwickeln.7 Kennzeichnend für das Syndrom sind neben Übergewicht auch Bluthochdruck, erhöhte Blutzuckerwerte (z. B. durch Insulinresistenz) und ungünstige Blutfettwerte. Diese Faktoren erhöhen langfristig das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Typ-2-Diabetes. Umso wichtiger ist es, frühzeitig gegenzusteuern, etwa durch regelmäßige Bewegung und Gewichtsreduktion, eine ausgewogene Ernährung und bei Bedarf eine medikamentöse Behandlung.
Eine gute Kinderwunsch-Klinik verfügt über ein interdisziplinäres Team mit Fachärztinnen und Fachärzten für Gynäkologie, gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin. So können hormonelle, organische und stoffwechselbedingte Ursachen für ungewollte Kinderlosigkeit umfassend abgeklärt und behandelt werden. Wichtig ist auch eine persönliche und einfühlsame Betreuung, das bedeutet: verständliche Beratung, transparente Informationen zu Chancen und Risiken sowie ausreichend Zeit für individuelle Fragen. Auch die Erfahrung mit PCOS und die Erfolgsraten der Klinik können bei der Auswahl eine Rolle spielen.
Nutzt die offenen amedes Info-Abende, um euch über Behandlungsoptionen bei unerfülltem Kinderwunsch zu informieren, Unsicherheiten abzulegen und Klarheit zu gewinnen, welche Wege ihr gehen könnt. Bitte beachtet, dass sich unsere Info-Abende sowohl an heterosexuelle als auch gleichgeschlechtliche Paare und alleinstehende Frauen richten. Die Expertinnen und Experten von amedes heißen euch herzlich willkommen und freuen sich auf eure Fragen.
1 Sonntag, Barbara "Endokrinologie und Reproduktion: Das Polyzystische Ovarialsyndrom ist mehr als nur eine Zyklusstörung", In: Deutsches Ärzteblatt Ausgabe 43/2023, https://www.aerzteblatt.de/archiv/endokrinologie-und-reproduktion-das-polyzystische-ovarialsyndrom-ist-mehr-als-nur-eine-zyklusstoerung-b9935090-bd76-4051-b281-d1ccea54170c (Datum des Zugriffs: 28.05.2025)
2 Gustavo A R Maciel, Ismael D C G da Silva, Edmund C Baracat, LMNA Gene Variations in PCOS: A Persistent Genetic Clue, The Journal of Clinical Endocrinology & Metabolism, 2025;, dgaf072, https://doi.org/10.1210/clinem/dgaf072
, academic.oup.com/jcem/advance-article-abstract/doi/10.1210/clinem/dgaf072/7997476 des Zugriffs: 28.05.2025)
3 Risal, S., Pei, Y., Lu, H. et al. Prenatal androgen exposure and transgenerational susceptibility to polycystic ovary syndrome. Nat Med 25
, 1894–1904 (2019). doi.org/10.1038/s41591-019-0666-1,
https://www.nature.com/articles/s41591-019-0666-1 (Datum des Zugriffs: 28.05.2025)4 Sonntag, B., Segerer, S.: „PCO-Syndrom und Kinderwunsch“, In: Frauenarzt 6/2024, S. 408-412, https://frauenarzt-archiv.de/mgof-xaveropp/frauenarzt/start.xav#/text/FR-2024--06-0408-.pdf?_ts=1748935266875 (Datum des Zugriffs: 04.06.2025)
5 LADR: “Polyzystisches Ovarsyndrom (PCO-Syndrom)“, https://www.ladr.de/fachgebiete/medizinische-fachgebiete/gynaekologie/polyzystisches-ovarsyndrom (Datum des Zugriffs: 28.05.2025)
6 amedes fertility, Kinderwunschzentrum Hamburg Barkhof: „Intensivkurs gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin, 9.-11. Januar 2025, S. 18, Hamburg, https://www.amedes-group.com/fileadmin/user_upload/media/amedes_group/downloads/2025_intensivkurs/10.01.2025/workshop_kinderwunsch_intensivkurs_2025.pdf (Datum des Zugriffs: 28.05.2025)
7 Lim SS, Kakoly NS, Tan JWJ, Fitzgerald G, Bahri Khomami M, Joham AE, Cooray SD, Misso ML, Norman RJ, Harrison CL, Ranasinha S, Teede HJ, Moran LJ. Metabolic syndrome in polycystic ovary syndrome: a systematic review, meta-analysis and meta-regression. Obes Rev. 2019 Feb;20(2):339-352. doi: 10.1111/obr.12762. Epub 2018 Oct 19. PMID: 30339316. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/30339316/ (Datum des Zugriffs: 28.05.2025)