Künst­liche Befruchtung

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  • 12 Minuten
  • 29.10.2024

Künstliche Befruchtung im Überblick

Der Begriff „künstliche Befruchtung“ ist ein Sammelbegriff für verschiedene medizinische Verfahren, die eine Befruchtung innerhalb oder außerhalb des weiblichen Körpers unterstützen. Manche verwenden lieber den Begriff „assistierte Reproduktion“.

Die am häufigsten eingesetzten Verfahren der assistierten Reproduktion sind: Intrauterine Insemination (IUI), In-vitro-Fertilisation (IVF) und Intrazytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI). Die eingesetzte Behandlungsmethode richtet sich immer nach der individuellen Befundlage. 

In Anspruch genommen werden künstliche Befruchtungen nicht nur von ungewollt kinderlosen heterosexuellen Paaren, sondern auch von lesbischen Paaren und Frauen ohne Partner, die sich ihren Kinderwunsch mittels einer Samenspende erfüllen möchten.

Im Jahr 2022 wurden laut Erhebungen des Deutschen IVF-Registers (D.I.R) mehr als 123.000 Behandlungszyklen durchgeführt. Die Schwangerschaftsrate lag bei gut 30 % pro Embryotransfer.1

Definition

Was ist eine künstliche Befruchtung?

Eine künstliche Befruchtung ist eine medizinische Behandlung, die darauf abzielt, eine Schwangerschaft zu erwirken. In Deutschland sind mehrere Methoden zur künstlichen Befruchtung zugelassen, die als sehr sicher und risikoarm gelten. Eine Behandlung können heterosexuelle, homosexuelle Paare und alleinstehende Frauen in Anspruch nehmen.

Methoden

Was sind Methoden der künstlichen Befruchtung?

Gemäß den hierzulande geltenden rechtlichen Rahmenbedingungen können folgende Verfahren eingesetzt werden: Intrauterine Insemination (IUI), In-vitro-Fertilisation (IVF) und Intrazytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI). Welche Behandlungsmethode die besten Erfolgsaussichten bietet, hängt von verschiedenen Faktoren ab und wird deshalb immer individuell mit der behandelnden Ärztin bzw. dem behandelnden Arzt besprochen.

Fruchtbarkeitsstörungen

Wann kann eine künstliche Befruchtung erforderlich sein?

Sowohl bei der Frau als auch beim Mann gibt es zahlreiche Ursachen, die die Fruchtbarkeit (Fertilität) negativ beeinflussen können. Dank der Fortschritte der Reproduktionsmedizin gibt es für viele Befundlagen gute Behandlungsmöglichkeiten bzw. Wege, um den Kinderwunsch trotzdem Wirklichkeit werden zu lassen.

Die weibliche Fruchtbarkeit kann u. a. durch hormonelle Ungleichgewichte, Eileitererkrankungen, eine gestörte Funktion der Eierstöcke, ausbleibenden Eisprung, Endometriose oder Myome beeinträchtigt sein. Überdies sinkt die Schwangerschaftswahrscheinlichkeit ab dem 35. Lebensjahr.

Die männliche Fertilität kann u. a. durch eine geringe oder fehlende Spermienzahl, eine eingeschränkte Spermienbeweglichkeit, Abweichungen in der Form der Spermien, Hormonstörungen und Hodenerkrankungen verringert sein.

Die Fruchtbarkeit von Mann und Frau kann auch durch Alkoholkonsum und Rauchen beeinträchtigt werden. Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass Rauchen einen negativen Effekt auf die erfolgreiche Befruchtung haben kann. Der Verzicht auf Genussmittel wie Alkohol und Zigaretten kann die reproduktive Gesundheit von Frauen und Männern positiv beeinflussen.

Zu hohes oder zu niedriges Gewicht mindert sowohl bei Frauen als auch bei Männern die Fruchtbarkeit. Übergewicht (Adipositas) kann den Menstruationszyklus stören, die Eizellreifung und den Eisprung beeinträchtigen, die Eizellqualität mindern und die Einnistung der befruchteten Eizelle in die Gebärmutter erschweren. Bei Männern kann Übergewicht die Spermienanzahl und -beweglichkeit reduzieren. Auch ein Untergewicht kann bei Frauen zu Hormonungleichgewichten führen – von Zyklusstörungen bis zum Ausbleiben der Periode. Die Einnistung der befruchteten Eizelle wird erschwert.

Mehr zum Thema Lebensstil und Fruchtbarkeit

Hormone spielen eine entscheidende Rolle im Zyklus und bei der Entstehung einer Schwangerschaft. Daher können hormonelle Veränderungen die Fruchtbarkeit beeinträchtigen. Diabetes kann Probleme bei der Eizellreifung verursachen. Bei Männern kann die Erkrankung die Spermienproduktion und -funktion beeinträchtigen.3 Das PCO-Syndrom (Polyzystisches Ovar-Syndrom, PCOS), eine recht häufige hormonelle Störung bei Frauen im gebärfähigen Alter, führt bei vielen Frauen zu Besonderheiten im Stoffwechsel wie eine Insulinresistenz. Durch einen erhöhten Insulinspiegel kann es auch zu einer Gewichtszunahme und Problemen bei der Eizellreifung kommen.

Mehr zum Thema Hormonstörungen bei Frauen.

Behandlungsablauf

Wie ist der Ablauf einer künstlichen Befruchtung?

Der Ablauf einer künstlichen Befruchtung richtet sich nach der ausgewählten Methode und unterscheidet sich teilweise stark. Im Folgenden stellen wir die einzelnen Schritte für die Verfahren Intrauterine Insemination (IUI), In-vitro-Fertilisation (IVF) und Intrazytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI) vor.

IUI

Intrauterine Insemination (IUI)

Bei der Insemination handelt es sich um eine Form der künstlichen Befruchtung, bei der die Samenzellen mithilfe eines dünnen Schlauchs (Katheter) direkt in die Gebärmutterhöhle eingebracht werden. Von dort aus müssen die Samenzellen anschließend allein zur Eizelle finden. Damit dies gelingt, werden die Spermien vorab aufbereitet. Das bedeutet, dass für die Insemination vorwiegend bewegliche und gesunde Spermien ausgewählt werden, um die Chance auf eine Befruchtung der Eizelle zu erhöhen. Eine Insemination kann innerhalb des natürlichen Zyklus oder nach einer Stimulationsbehandlung durchgeführt werden. Unser Video erklärt den Ablauf anschaulich und leicht verständlich.

IVF

In-vitro-Fertilisation (IVF)

Die künstliche Befruchtung mit der Methode der In-vitro-Fertilisation erfolgt, anders als die Insemination, außerhalb des weiblichen Körpers. Nach einer hormonellen Stimulation der Eierstöcke werden der Frau mehrere befruchtungsfähige Eizellen entnommen (Follikelpunktion). Die Spermien werden in der Regel nach einer Masturbation gewonnen. Die Eizelle wird anschließend im Labor mit den aufbereiteten Spermien in einer Schale zusammengebracht und das Spermium dringt selbst in die Eizelle ein. Die Entnahme der Eizellen erfolgt oft in einer Kurznarkose.

Aus den befruchteten Eizellen entstehen Embryonen, die einige Tage später in die Gebärmutter übertragen werden (Embryotransfer). Das Einsetzen der Embryonen kann ohne Narkose durchgeführt werden. Die In-vitro-Fertilisation besteht aus mehreren Phasen, die individuell aufeinander abgestimmt werden. Die folgenden Videos geben einen guten Überblick.

ICSI

Intrazytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI)

Die Intrazytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI) ähnelt im Ablauf der IVF: Auch hier erfolgt nach der Follikelpunktion die Befruchtung der Eizelle im Labor. Anders als bei der IVF wird ein einzelnes Spermium unter dem Mikroskop ausgewählt und mithilfe einer feinen Nadel direkt in die Eizelle eingeführt. Das Verfahren wird vor allem bei ausgeprägten Fruchtbarkeitsstörungen des Mannes in Betracht gezogen, kann aber auch nach fehlgeschlagenen Versuchen der künstlichen Befruchtung per IVF empfehlenswert sein. Mehr Informationen enthält das Video zur ICSI.

Unsere Erklärvideos zu diesen Themen

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Intrauterine Insemination

Insemination

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In-vitro-Fertilisation (IVF)

Eierstockstimulation

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In-vitro-Fertilisation (IVF)

Follikelpunktion

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In-vitro-Fertilisation (IVF)

Embryotransfer

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Intrazytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI)

ICSI

Spezialisten

Wer berät zum Thema künstliche Befruchtung?

Frauenärztliche bzw. gynäkologische Praxen sind in der Regel die erste Anlaufstelle für Paare, wenn es mit dem schwanger werden nicht klappt. Bei Verdacht auf eine Fertilitätsstörung überweisen sie zur weiteren Diagnostik an Fachärztinnen und Fachärzte für Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin eines nahegelegenen Kinderwunschzentrums bzw. Fertility-Centers. Diese sind auch die erste Anlaufstelle für alleinstehende Frauen und lesbische Paare, die sich ihren Kinderwunsch mittels Spendersamenbehandlung erfüllen möchten.

Regionale Kinderwunschzentren kooperieren häufig mit größeren, hoch spezialisierten Kinderwunschkliniken, in denen interdisziplinäre Teams aus Ärztinnen und Ärzten für Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin, Andrologen und Labor eng zusammenarbeiten. Sie bieten insbesondere bei schwierigen Befundlagen umfangreiche Zusatzleistungen.

Zielgruppe

Wer kann eine künstliche Befruchtung durchführen lassen?

Grundsätzlich können sowohl verheiratete als auch unverheiratete Paare, alleinstehende Frauen und lesbische Paare assistierte Reproduktionstechnologien in Anspruch nehmen. Vor der Behandlung mit Spendersamen ist jedoch eine umfangreiche medizinische und rechtliche Beratung erforderlich. Wichtig ist es, im Hinterkopf zu behalten, dass eine künstlich befruchtete Eizelle bzw. ein transferierter Embryo noch keine Garantie für eine erfolgreiche Schwangerschaft darstellt. Bei günstiger Befundlage erhöht sich die Wahrscheinlichkeit einer Schwangerschaft jedoch mit mehreren Behandlungszyklen.

Häufige Fragen

Häufige Fragen und Antworten

Wie findet man eine gute Klinik für künstliche Befruchtungen?

Eine gute Klinik für künstliche Befruchtungen vereint ein erfahrenes, multiprofessionelles Team aus Reproduktionsmedizinerinnern und Reproduktionsmedizinern sowie weiteren, interdisziplinär arbeitenden Fachärztinnen und Fachärzten. Das Erstgespräch sollte individuell und ausführlich sein und damit auch ausreichend Zeit für Fragen bieten.

Gute Kliniken führen verschiedene Behandlungsverfahren durch – von der Hormonbehandlung über Insemination und IVF bis zur ICSI. Bei spezialisierten Zentren findet man Zusatzleistungen (Add-ons) wie z. B. Assisted Hatching („Schlüpfhilfe“) und Präimplantationsdiagnostik, die über die „Standard“-Kinderwunschbehandlung hinausgehen und die Chancen einer erfolgreichen Schwangerschaft zusätzlich verbessern. Diese werden nur bei bestimmten Voraussetzungen und nach strenger Indikation eingesetzt.

Moderne Kinderwunschzentren bieten überdies eine App für Zyklusmonitoring, Behandlungspläne etc. So behalten die Patientinnen und Patienten stets den Überblick über jeden Behandlungsschritt, wie Termine und Medikationen bis bin zu Behandlungsdaten, die sicher und zuverlässig bereitgestellt werden.

Werden die Kosten für eine künstliche Befruchtung von der Krankenkasse übernommen?

Unter bestimmten Voraussetzungen übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen anteilig die Kosten einer künstlichen Befruchtung: Sofern hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht, können heterosexuelle verheiratete Paare, die mindestens 25 Jahre alt sind und bei denen ein maximales Alter von 40 (Frau) bzw. 50 (Mann) Jahren nicht überschritten wurde, bei diagnostizierter Unfruchtbarkeit mit einer Kostenbeteiligung von bis zu 50 % rechnen. Die genaue Kostenübernahme kann sich je nach Bundesland und Krankenkasse unterscheiden.

Wer nimmt künstliche Befruchtungen in Anspruch?

Eine künstlich durchgeführte Befruchtung wird von heterosexuellen Paaren in Anspruch genommen, wenn die Frau während des natürlichen Zyklus nicht schwanger wird. Überdies nutzen auch immer mehr alleinstehende Frauen ohne Partner sowie weibliche homosexuelle Paare die Möglichkeit, sich den Kinderwunsch mittels künstlicher Befruchtung zu erfüllen.

Kann man mit 40 Jahren noch eine künstliche Befruchtung durchführen lassen?

Theoretisch ist es möglich, auch mit 40 Jahren noch eine künstliche Befruchtung durchführen zu lassen. Allerdings sinkt die Aussicht auf eine erfolgreiche Befruchtung der Eizelle mit zunehmendem Lebensalter der Frau. Darüber hinaus beteiligen sich die gesetzlichen und privaten Krankenkassen an den Behandlungskosten nur, wenn die Frau das 40. Lebensjahr noch nicht vollendet hat.

Wie hoch sind die Kosten für eine künstliche Befruchtung?

Die Kosten für eine assistierte Reproduktion lassen sich im Vorfeld nicht pauschal beziffern. Je nachdem, welche Voruntersuchungen durchgeführt werden müssen und welche Behandlungsmethode die größten Erfolgsaussichten verspricht, können die Kosten variieren. Darüber hinaus sind bei vielen Betroffenen mehrere Behandlungszyklen nötig. Es müssen also ggf. mehrmals Eizellen entnommen, befruchtet und Embryonen eingesetzt werden. Die Kosten für eine Insemination liegen durchschnittlich im drei-, die Kosten für ICSI und IVF im vierstelligen Bereich. Mehr Informationen zu den Kosten einer künstlichen Befruchtung.

Welche Risiken bestehen bei einer künstlichen Befruchtung?

Die künstliche Befruchtung von Eizellen erfolgt mit jahrelang erprobten Verfahren. Trotzdem gibt es verschiedene Risiken, über die Patientinnen und Patienten vor einer Behandlung gründlich informiert und aufgeklärt werden. Dazu gehören zum Beispiel Mehrlingsschwangerschaften, wobei diese dank moderner Technologien immer seltener werden. Es ist außerdem wichtig zu wissen, dass es, genau wie bei natürlich entstandenen Schwangerschaften, auch nach assistierter Reproduktion zu einer Fehlgeburt oder Eileiterschwangerschaft kommen kann.

Infos aus erster Hand

Offene Informationsabende

Nutzt die offenen amedes Info-Abende, um euch über Behandlungsoptionen bei unerfülltem Kinderwunsch zu informieren, Unsicherheiten abzulegen und Klarheit zu gewinnen, welche Wege ihr gehen könnt. Bitte beachtet, dass sich unsere Info-Abende sowohl an heterosexuelle als auch gleichgeschlechtliche Paare und Single-Frauen richten. Die Expertinnen und Experten von amedes heißen euch herzlich willkommen und freuen sich auf eure Fragen.

Hannover
23.06.2025
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Beginn: um 18:00 Uhr (Einlass ab 17:50 Uhr)
Dortmund, Siegen & Wuppertal
27.05.2025
24.06.2025
Beginn: um 19:00 Uhr

Quellenliste

Quellenliste

1 Deutsches IVF-Register (D.I.R.)® „D.I.R. Jahrbuch 2022“ Auszug, 09 2023, Ausgabe 3, S. 4, https://www.deutsches-ivf-register.de/perch/resources/dir-jahrbuch-2022-sonderausgabe-fuer-paare.pdf (Datum des Zugriffs: 09.10.2024)

2 Míngues-Alarcón, Lidia et al. “Caffeine, alcohol, smoking and reproductive outcomes among couples undergoing assisted reproductive technology treatments”, In: Fertility and Sterility, Volume 110, Issue 4, September 2018, Pages 587-592, https://doi.org/10.1016/j.fertnstert.2018.05.026, https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0015028218304278 (Datum des Zugriffs: 09.10.2024)

3 Viegener, Ulrike. “Wie Diabetes die Spermienqualität beeinflusst“, Medial Tribune, 08.06.2020 https://www.medical-tribune.de/medizin-und-forschung/artikel/wie-diabetes-die-spermienqualitaet-beeinflusst (Datum des Zugriffs: 09.10.2024)