Ist die Operation der ovariellen bzw. tief infiltrierenden Endometriose vor einer IVF/ICSI sinnvoll?
Die Notwendigkeit der Operation von Endometriomen bzw. einer tief infiltrierenden Endometriose (DIE) vor einer geplanten IVF/ICSI ist ein vielfach diskutiertes Thema, das sicher immer einer individuellen Betrachtung bedarf. In die Entscheidung fließen Faktoren wie die Beschwerden der Patientin, das Alter inklusive AMH-Wert, das sonographische Bild und andere Faktoren ein.
In einem systematischen Review mit Meta-Analyse wurde grundsätzlich die Effektivität einer Operation gefolgt von der IVF/ICSI verglichen mit der primären IVF/ICSI ( et al. Surgery prior to IVF/ICSI versus up-front IVF/ICSI for the treatment of infertility associated with ovarian and deep infiltrating endometriosis: a systematic review and meta-analysis. Reprod. Biomed. Online 2025; Jul 29: Online ahead of print). Eingeschlossen wurden 22 Studien mit 3997 Patientinnen.
Die Operation vor einer IVF/ICSI verbesserte die Lebendgeburtenrate weder bei Endometriomen (OR 0,90 [95% CI 0,69-1,18]) noch bei der DIE signifikant (OR 1,82 [95% CI 0,70-4,77]). Dasselbe galt nach einer erfolgten Operation für die klinische Schwangerschaftsrate bei der IVF/ICSI (Endometriome: OR 1,16 [95% CI 0,85-1,60]; DIE: OR 1,28 [95% CI 0,71-2,31]). Die Abortraten waren in beiden Gruppen (operiert vs. nicht-operiert) ebenfalls vergleichbar. In der Endometriom-Gruppe resultierte die Operation in einer signifikanten Reduktion des AMH-Wertes und der Zahl gewonnener Oozyten.
Die Autoren schlussfolgern, dass insbesondere die ovarielle Reserve in die individuelle Entscheidung einfließen muss. Sie befürworten die Priorisierung der assistierten Reproduktion (ART) und empfehlen die Operation optional z.B., wenn man sich davon im individuellen Fall eine Optimierung der Ergebnisse der assistierten Reproduktion oder einen positiven Einfluss auf die Patientensicherheit erhofft. Bemängelt wird allerdings auch die Qualität der Studien.
Ich denke, dass eine Pauschalierung der Schlussfolgerungen für das Gesamtkollektiv schwierig und auch mit höherer Studienqualität problematisch sein wird. Angesichts des vielfältigen Erscheinungsbildes der Endometriose bleiben die Kollektive überaus heterogen.
Entscheidend ist aber die in den letzten Jahren vielfach geäußerte und auch durch diese Meta-Analyse unterstützte Erkenntnis, dass nicht jede Endometriose vor einer ART operiert werden sollte.
Prof. Dr. med. Frank Nawroth